Politisches Frühstück 2020:Keine Angst vor Digitalem!
„Die Digitalisierung bietet viele Chancen, gerade auch für ältere Menschen, wenn alle Zugang dazu haben und wenn alle verstehen, wie es funktioniert,“ das sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey in ihrem Video-Grußwort zum diesjährigen Politischen Frühstück am vergangenen Samstag. Sie warb dafür, Menschen bei der Digitalisierung zu begleiten, so wie es auch die kfd mit dieser Veranstaltung tue.
Unter dem Motto „Altern in einer digitalen Welt – gut vernetzt oder abgehängt?“ wurden auf der Austauschtagung in Köln viele politische, soziale und praktischen Aspekte der Digitalisierung angesprochen. Im Mittelpunkt der Fachvorträge standen Fragen wie: Wie können digitale Techniken und der Einsatz von digitalen Hilfsmitten den Alltag von alten Menschen positiv prägen und ihn leichter machen? Welche praktischen Erfahrungen gibt es, welche politischen Rahmenbedingungen sind dafür nötig und wie können ältere Menschen fit gemacht werden mit Umgang damit?
Selbstbestimmt im Alter leben dank digitaler Angebote
Alle Referentinnen, darunter Regina Görner, die für die BAGSO (Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen) sprach, riefen auf zu mehr Mut im Umgang mit der Digitalisierung und bestätigten, was Diözesanvorsitzende Elisabeth Bungartz in der Begrüßung gesagt hatte: „Die Frage, wie lange wir im Alter selbstbestimmt leben können, hängt viel von der eigenen Bereitschaft und den Möglichkeiten ab, digitale Angebote zu verstehen und zu nutzen.“
Die Politik muss Hersteller auf Einfachheit verpflichten
Görner, die einst Vorständin bei der IG Metall war und Gesundheitsministerin des Saarlandes, betonte insbesondere auch die Verantwortung der Politik. Es müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden, in denen beispielsweise Hersteller verpflichtet würden Smartphones und Tablets einfacher und intuitiver in der Handhabung zu machen.
Bedürfnisse älterer Frauen öffentlich machen
Wörtlich sagte sie zu ihren Zuhörerinnen, die von der Verve und Expertise der Referentin sichtlich angetan waren: „Haben Sie keine Angst vor Digitalem, suchen Sie sich im privaten Umfeld Unterstützung.“ Gerade auch die sozialen Medien seien für ältere Menschen wegen der Kontakte wichtig. An die kfd als Verband gerichtet sagte sie: „Werden Sie laut und positionieren Sie die Bedürfnisse älterer Frauen in der Öffentlichkeit.“
Auch demente Menschen können digital
Elisabeth Thesing-Bleck, stellvertretende Vorsitzende des Landesfrauenrates NRW, die auch Leiterin des Arbeitskreises „Frauenaspekte zur Digitalisierungsstrategie des Landes Nordrhein-Westfalen“ ist, berichtete am Beispiel einer Gruppe, die sich für demente Menschen einsetzt, wie ehrenamtliches Engagement erfolgreich auf Digitalisierung während der Corona-Pandemie umschwenkte.
Es dauert alles zu lange
Die Apothekerin, die sich früh mit Altersmedizin in ihrem Fachgebiet befasst hat, kritisierte aber auch wären die schleppende Umsetzung der nordrhein-westfälischen Digitalisierungsstrategie. Es stünden Mittel bereit, aber es fehle an der Umsetzung. Einsamkeit und Isolation könnten mit Hilfe digitaler Technik überwunden werden und auch demente Menschen wären durchaus in der Lage, den Umgang mit den Geräten noch erlernen und mit Unterstützung anzuwenden, wenn sie auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten seien.
Das digitale Altenzentrum ist Wirklichkeit
Die Erfahrung, dass alte und hilfebedürftige Menschen sehr von digitaler Technik profitieren können, bestätigte auch Alexandra Kasper vom Caritasverband Köln. Sie zeigte am Beispiel des Caritas Altenzentrums St. Maternus in Köln-Rodenkirchen, was denkbar ist und was sich praktisch bewährt hat und stellte das digitale Betreuungskonzept vor. Dort unterhält etwa eine Spracherkennungssoftware, der Echo-Assistent, mit Witzen und kann gefragt werden, was es am nächsten Tag zu essen gibt oder welches Freizeitangebot auf dem Plan steht.
Mit der Virtuell-Reality-Brille unter Wasser
Ein Film zeigte den Teilnehmerinnen sehr plastisch, welche Freude digitale Technik in diesem Altenzentrum auch ins Leben alter Menschen bringen kann. So war zu sehen, wie eine alte Dame mit einer VR-Brille in eine Unterwasserwelt eintauchte oder wie eine andere mit Hilfe von Tablet und Google Street View in ihre alte Heimat Ostpreußen zurückkehrte.
Datenbank erleichtert Suche nach Informationen
Hilfestellung dazu, überhaupt all die Möglichkeiten der Unterstützung für Pflegebedürftige und der Angehörige zu entdecken, bietet der „Pflegewegweiser NRW“, eine Datenbank der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, für die Verbraucherschützerin Christiane Grote vom Fachbereich Gesundheits- und Pflegemarkt warb. Darin lassen sich alle Angebote im eigenen Wohnort finden.
Beeindruckender Tag
Das Fazit: Die Teilnehmerinnen waren insbesondere vom „digitalen Altenzentrum“ der Caritas, aber auch von den vielen verschiedenen Blickwinkeln, aus denen aufs Thema geblickt wurde beeindruckt. Und sie wünschen sich ausdrücklich Informations-Angebote vor Ort.
Schulungen für digitale Medien
Der kfd-Diözesanverband wird an die Erfahrungen beim Politischen Frühstück anknüpfen und Angebote entwickeln, die kfd-Gruppen dabei unterstützen, digitale Techniken in ihrer Arbeit zu nutzen sowie sobald als möglich wieder Schulungsangebote für Mitglieder zu digitalen Medien machen. So war für dieses Frühjahr zum zweiten Mal eine Tandemschulung, bei der Jugendliche älteren Menschen zeigen, was alles mit dem Smartphone möglich ist, geplant. Sie konnte leider wegen der Corona-Pandemie nicht stattfinden.
Weitere Informationen
- Film des Caritas-Altenzentrums St. Maternus, Köln-Rodenkirchen, über das digitale Betreuungskonzept
- Alle Informationen zum Caritas-Altenzentrum St. Maternus, Köln-Rodenkirchen
- Umfangreiche Website zu Angeboten und politischer Arbeit der BAGSO zu Digitalisierung
- Blog von Elisabeth Thesing-Bleck, Apothekerin und Expertin für geriatrische Pharmazie
- Pflegewegweiser: Umfangreiche Website mit Pflegedatenbank mit Beratungsstellen am Wohnort, Lotsentelefon und sehr vielen Informationen zu allen Aspekten von Pflege und Unterstützung von pflegenden Angehörigen